Natürlich freut sich das Kind, wenn der nette Onkel babysittet. Er ist lieb, spielt mit ihm und ist vertrauenswürdig – zumindest anfangs. Doch irgendwann könnten geheime Spiele folgen. Der Schlüssel ist nicht, potenzielle Täter im Vorfeld zu entlarven – das ist oft nicht möglich. Stattdessen sollten Sie sich umfassend zu diesem Thema informieren, Ihr Kind aufklären, sein Selbstbewusstsein stärken, seine körperlichen Grenzen respektieren und ihm stets das Gefühl geben, mit allen Sorgen zu Ihnen kommen zu können.
Das größte Hindernis für Missbraucher sind selbstbewusste Kinder aus intakten Familien – dieses Risiko wird selten eingegangen.
So können Sie Ihr Kind schützen:
- Regelmäßige Gespräche: Sprechen Sie regelmäßig mit Ihrem Kind darüber, was erlaubt ist und was nicht. Verdeutlichen Sie, dass Erwachsene die Verantwortung tragen und ein Kind immer unschuldig ist. Kindern wird leider oft eine Mitschuld zugeschrieben, z.B. weil sie Nähe gesucht haben. Das ist vollkommen irrelevant.
- Grenzverletzungen besprechen: Erklären Sie konkrete Beispiele von Grenzverletzungen. Eine Umarmung kann eine liebevolle Geste sein, die das Kind gerne annehmen darf (aber nicht muss!). Geht die Hand jedoch auf den Po des Kindes, sollte es wissen, dass das nicht in Ordnung ist und Ihnen sofort Bescheid geben.
- Vertrauen stärken: Ermutigen Sie Ihr Kind, sich jederzeit an Sie zu wenden. Viele Täter drohen, dass die Eltern dem Kind keinen Glauben schenken würden. Versichern Sie Ihrem Kind, dass es immer zu Ihnen kommen kann, wenn ihm etwas seltsam vorkommt und dass Sie die Situation gemeinsam besprechen werden.
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- Selbstbewusstsein stärken: Schüchternheit kann gefährlich sein. Fördern Sie das Selbstvertrauen mit Kleinigkeiten wie alleine zu backen (etwas mit den eigenen Händen erschaffen), selbstständig einzukaufen (alleine eine Bestellung vortragen) oder Schulvorträge zuhause einzustudieren. Loben Sie Ihr Kind wesentlich häufiger als sie es kritisieren. Lehren Sie es, Nein zu sagen, wenn ihm etwas unangenehm ist. Möchte das Kind keine Küsschen geben, respektieren Sie das. Es ist wichtig, dass Ihr Kind seine eigenen Grenzen spürt.
- Wachsamkeit: Seien Sie aufmerksam und vertrauen Sie nicht blind, nur weil jemand nett oder ein Verwandter ist. Der Schutz Ihres Kindes steht an erster Stelle.
- Informationsveranstaltungen: Nehmen Sie an Informationsveranstaltungen teil. Der Verein „Dunkelziffer e.V.“ bietet regelmäßig aufschlussreiche Vorträge an.
Auch wenn nur 7 % der Täter Fremde sind, sind hier noch einige nützliche Tipps, um Ihr Kind im Alltag zu schützen:
- Der sicherste Platz im Bus ist hinter dem Fahrer. Lassen Sie Ihr Kind niemals alleine im hinteren Teil des Busses sitzen.
- Fühlt es sich beobachtet, sollte es Hilfe suchen, aber keinesfalls aus den öffentlichen Verkehrsmitteln aussteigen. Der Täter könnte folgen.
- Bei Gefahr sollte das Kind gezielt Personen ansprechen: „Sie in der blauen Bluse, helfen Sie mir!“
- Wird es angesprochen, darf und soll es unhöflich sein. Es gibt keine Notwendigkeit, ein Kind anzusprechen.
- Lügen können Leben retten! Auf die Frage „Bist du alleine hier?“ sollte Ihr Kind beispielsweise antworten: „Nein, mein/e Vater/Mutter ist schon unterwegs.“
- Vereinbaren Sie ein Kennwort. Sollte ein Fremder Ihr Kind unter einem Vorwand ansprechen und mitnehmen wollen, wird er so enttarnt. Wiederholen Sie das Kennwort regelmäßig.
- Informieren Sie sich über die „Safe me“-App. Diese App ist besonders für junge Frauen eine großartige Erfindung.
- Selbstverteidigung. Sehr effektiv sind Kurse, bei denen Kindern das Verhalten in einer Notsituation beigebracht wird. Nutzen Sie Schul- oder Ferienangebote.
- Trainieren Sie ihr Kind auf sein Bauchgefühl zu hören. Natascha Kampusch ging trotz ihres schlechten Gefühls an dem weißen Transporter entlang, womit ihre jahrelange, grausame Odyssee ihren Anfang nahm.
Mit diesem Artikel haben Sie einige gute Möglichkeiten zum Schutz Ihres Kindes gegen sexuellen Missbrauch erhalten. Seien Sie selbst kreativ und überlegen sich, welche kleinen Maßnahmen ebenfalls einen großen Effekt haben könnten. Mein Ziel ist es nicht, Ihnen Angst zu machen, sondern Sie zu sensibilisieren. Mit nur wenigen kleinen Schritten bewahren Sie Ihr Kind und dessen kleine Seele davor einen langfristigen Schaden zu erleiden und schützen so Ihre gesamte Familie.
Sie sind selbst betroffen? In unserer Praxis sind wir mit diesem Thema vertraut und unterstützen Sie gern bei der sanften Verarbeitung des Erlebten. Leider ist eine Gesprächs- und Verhaltenstherapie bei Heilpraktikern für Psychotherapie für gesetzlich Versicherte eine Privatleistung. Sie können sich jedoch ebenfalls an den Verein „Dunkelziffer e. V.“ wenden, sämtliche Leistungen sind dort für Sie kostenfrei.
Quellen:
*[Wikipedia – Sexueller Missbrauch von Kindern in Deutschland](https://de.wikipedia.org/wiki/Sexueller_Missbrauch_von_Kindern_(Deutschland)#Statistische_Daten)
- Vorträge „Dunkelziffer e. V.“
- Buch: Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen von J. Fegert
- Buch: Grenzen achten – Schutz vor sexuellem Missbrauch von Ursula Enders